Vorträge

Die Veranstaltungen finden, sofern nicht anders angegeben, im ChorForum Essen,
Fischerstr. 2-4, statt.
Der Eintritt ist in der Regel frei.


Donnerstag, 08.02.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Dr. Maria-Verena Leistner (Leipzig):
«Der Hut flog mir vom Kopfe …». Auskünfte über Wilhelm Müller

Die Liederzyklen «Die schöne Müllerin» und «Die Winterreise» gehören zum weithin gepflegten literarisch-musikalischen Erbe; ihr Dichter, Wilhelm Müller (1794-1827), ist hingegen zu Unrecht in Vergessenheit geraten. In den wenigen Jahren 1815-1827 hat er nicht nur in Lyrik und Prosa ein bedeutendes poetisches Werk geschaffen, sondern auch auf vielfältige Weise als Übersetzer, Literarhistoriker und Publizist gewirkt. Seinen schreibenden Zeitgenossen war er ein gefürchteter Rezensent. Wegen seines leidenschaftlichen Engagements für den Unabhängigkeitskampf des griechischen Volkes ist er in die Literaturgeschichte als «Griechen-Müller» eingegangen.


Donnerstag, 14.03.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Dr. Bertold Heizmann (Essen):
«Ist dir heimlich, fühlst du dich zu Hause?» – Franz Kafka zum 100. Todestag

Der am 3. Juni 1924 verstorbene Franz Kafka ist der meistinterpretierte Autor des 20. Jahrhunderts. Sogar ein Adjektiv ist von seinem Namen abgeleitet: die beschriebenen rätselhaften Situationen werden als „kafkaesk“ bezeichnet – und da Rätsel, je schwieriger sie sind, desto mehr zum Versuch einer Lösung drängen, haben sich Germanisten, Soziologen, Theologen, Psychologen und zahlreiche andere an Kafkas Werken abgearbeitet. Der Vortrag versucht, an einigen markanten Beispielen die Faszination zu begründen, die von diesem Werk ausgeht, indem nicht nur die irritierenden Inhalte, sondern auch die sprachlichen Strukturen in den Blick genommen werden.


Donnerstag, 11.04.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Dr. Axel Wiesener (Essen):
«Der Vortrag macht des Redners Glück». Goethe und die Beredsamkeit.

Tritt Beredsamkeit bei Goethe hinter Dichtung zurück? Das kann angesichts der großen Schnittmenge zwischen Poesie und Beredsamkeit füglich bezweifelt werden. Zur Abgrenzung von Dichtung und Beredsamkeit stellt der Referent den mit Beredsamkeit verfolgten Zweck heraus, während Dichtung zweckfrei ist. So hat Beredsamkeit auch immer einen Adressaten, der überzeugt oder überredet werden soll; bei Dichtung ist dies in der Regel nicht der Fall. Goethe hat selten Reden gehalten – aber wenn, dann waren diese von höchster Beredsamkeit.

Bei den Rollenfiguren im Faust spürt der Referent in den Dialogen von Faust und Wagner, Faust und Mephisto und Faust und Gretchen den Elementen der Beredsamkeit nach – mit dem Ergebnis, dass deren Dialoge zweckgerichtet überzeugen oder überreden sollen und insoweit die Mittel der Beredsamkeit einsetzen. Ob aber die Dichtung tatsächlich den Leser, Hörer oder Zuschauer – wie die Beredsamkeit – überzeugen oder überreden will, lässt Goethe offen. Dazu seine von Eckermann festgehaltene Äußerung: «Da kommen sie und fragen, welche Idee ich in meinem Faust verkörpern gesucht: Als ob ich das selber wüßte und aussprechen könnte»


Donnerstag, 23.05.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Dr. Ulrich Hohoff (Augsburg):
«Wilhelm Meister und Iphigenie in den Alpen». Ludwig Ganghofer und der Goethekult im Kaiserreich.

Der heute eher belächelte Ludwig Ganghofer (1855-1920), Verfasser zahlreicher Bergromane, war einer der erfolgreichsten Schriftsteller um 1900. Sein Bildungsroman „Der Hohe Schein“ (1904), der zu den Lieblingsromanen Kaiser Wilhelms II. gehörte, gewährt einen interessanten Einblick in den Goethekult des Kaiserreichs. Eine schauspielernde Wandertruppe löst in einem bayerischen Bergdorf geradezu eine Goethe-Manie aus; Spiel und Wirklichkeit vermischen sich und führen zu teils komischen, teils tragischen Situationen. Fast werden Werther, Iphigenie oder Wilhelm Meister als quasi-religiöse Schriften von den Dorfbewohnern rezipiert. Und ein weltfremder Philosoph aus der Großstadt mutiert zu einem Goethe-verehrenden Bergbauern in den Alpen.


Donnerstag, 06.06.2024, 18.00 Uhr (im Augustinum, Essen)

Cora Chilcott (Berlin):
«Stern der dämmernden Nacht». Eine poetische Annäherung an «Die Leiden des jungen Werthers».
Gedichte und Prosatexte
Ein Schauspiel-Solo mit Musik und Gesang

Versatzstücke aus Goethes aufsehenerregenden und ihn weltberühmt machenden Briefroman Die Leiden des jungen Werthers stehen im Mittelpunkt dieser szenischen Collage, die sich ebenso aus rezitierten oder vertonten Gedichten verschiedener Schaffensperioden speist. – Die zündenden und aufrührenden Gedanken, die melancholischen Weltschmerz und unerfüllte Liebessehnsucht bergen, suchen sich in den Gefilden der Natur und spiegeln allegorisch Gedanken und Gefühle der geplagten Seele des Protagonisten.

Cora Chilcott, von 2001 – 2014 Schauspielerin am Berliner Ensemble, ist mit verschiedensten Schauspiel-Soli u.a. an der Berliner Volksbühne, zur Schillerwoche in Marbach, für die Goethe-Institute Lissabon, Riga, Stockholm, Oslo, zu den Kleist-Tagen in Sarajevo, zum 200. Geburtstag Georg Büchners in Darmstadt und Strasbourg sowie im Auftrag der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft und der Klassik Stiftung Weimar aufgetreten. – Ihr Hörbuch «Erlkönigs Töchter – sagenhafte Balladen und schaurige Lieder» ist vom Hessischen Rundfunk (hr2-Hörbuchbestenliste) ausgezeichnet worden.


Donnerstag, 20.06.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

«Man steht sehr bequem zwischen allen Fronten». Ein Abend über Christa Wolf
mit Janina Sachau (ehem. Ensemblemitglied am Schauspiel Essen) und Dr. Hannes Krauss (Universität Duisburg-Essen)

Christa Wolf (1929 – 2011) wäre in diesem Jahr 95 geworden. Wer war diese Autorin, die von den einen verehrt (mitunter sogar als Nobelpreiskandidatin gehandelt), von den anderen als ‚Staatsdichterin’ diffamiert wurde? – Der Essener Literaturwissenschaftler Hannes Krauss und die Kölner Schauspielerin Janina Sachau zeichnen anhand von Christa Wolfs Briefen aus sechs Jahrzehnten das Bild einer Frau nach, die zeitlebens von einer neuen Gesellschaft träumte und sich – oft wider besseres Wissen – schreibend (auch Briefe schreibend) für die Verwirklichung dieses Traums eingesetzt hat.


Donnerstag, 29.08.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Prof. Dr. Fabian Wolbring (Marburg):
Faktencheck mit Goethe? Wie Klassiker zur Ausbildung zeitgemäßer Medienreflexionskompetenzen beitragen können.

Gedichte – nein, danke! Weniges gilt im aktuellen Schulcurriculum als so gestrig und obsolet wie der Lyrikunterricht. Medienkompetenzen, durch die Schülerinnen und Schüler zu mündigen Digital Citizens avancieren sollen, erscheinen indes so gefragt wie nie. Der Vortrag des Marburger Literaturdidaktikers möchte nun eröffnen, dass auch und gerade die Gedichtanalyse und ihre bevorzugten Gegenstände zur Entwicklung einer zeitgemäßen Medienreflexionskompetenz beitragen können. Am Beispiel des «Erlkönigs» stellt er vor, dass zentrale Fragen der (Un-)Zuverlässigkeit von Informationen, der Suggestion und vermeintlichen Autorität von Quellen und der notwendigen Subjektivität von Wahrnehmung auch schon bei Goethe & Co. verhandelt wurden. Nicht nur Schülerinnen und Schüler stoßen dabei auf Reflexionsangebote, die auch in unserer heutigen Medienwelt nicht an Aktualität und Relevanz eingebüßt haben.


Donnerstag, 19.09.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Prof. Dr. Stefan Matuschek (Jena):
Goethes «Faust» als Hauptwerk der europäischen Romantik.

Goethes Faust ist der Inbegriff eines nicht klassischen Dramas, und genau dadurch wurde es zum europäischen Ereignis. Es hat den erhabenen Anspruch der Tragödie, mischt aber populäre und burleske Formen und Motive mit ein, auch volkstümlichen Aberglauben, so dass es als Groteske ganz im Sinne der zeitgenössischen romantischen Ästhetik Furore machte. Die germanistische Klassik-Doktrin hat das verdrängt.
Man kommt dem Stück wieder näher, wenn man es in seiner damaligen romantischen Modernität erfasst.


Do., 31.10.2024, 18.00 Uhr, ChorForum Essen

Prof. Dr. Rolf Parr (Essen):
Erich Maria Remarques journalistische und kunstliterarische Autofahrten

Erich Maria Remarque ist bekannt als Autor von »Im Westen nichts Neues«. Weniger bekannt dagegen ist, dass er seine schriftstellerische Karriere unter anderem als Automobil-Journalist begann, und dass Autos auch in seinen Romanen (»Station am Horizont«, »Drei Kameraden«, »Der Himmel kennt keine Günstlinge«) eine wichtige Rolle spielen, nämlich als symbolische Gegenstände, mittels derer in Ausnahmesituationen die Kontrolle wiedergewonnen werden kann. Daraus entstehen Überblendungen von technischen Vehikeln und menschlichen Körpern, bei denen man gar nicht mehr sagen kann, ob das Auto Symbol für den menschlichen Körper ist oder umgekehrt. Dem geht der Vortrag genauer nach, indem gezeigt wird, wie Remarque seine frühen journalistischen Arbeiten zum Automobilismus in seinen Romanen weiterverarbeitet.


Samstag, 23.11.2024, 18.00 Uhr, Augustinum Essen

«Mignons Sehnsucht». Vertonungen von Gedichten aus Goethes Roman «Wilhelm Meisters Lehrjahre»

Romana Laxy, Sopran; Johannes Wedeking, Bass; Reinhard Buhrow, Klavier;

Konzeption und Moderation: Barbara Kiem (Freiburg i. Br.)

Hierzu erscheint ein eigener Flyer.